Intersektional denken, gemeinsam kämpfen
33 weeks ago · curated by
Hannah El-Hitami
Journalist
„Intersektionalität“ lautet der etwas schwer zugängliche Begriff für ein eigentlich total grundlegendes Konzept: angelehnt an das Wort für „Straßenkreuzung“ beschreibt er, dass Menschen von mehreren Formen der Diskriminierung gleichzeitig betroffen sein können. Bei Schwarzen Frauen zum Beispiel kreuzt sich das Risiko, Sexismus zu erfahren, mit der Betroffenheit durch Rassismus. Von diesem konkreten Beispiel kommt der Begriff übrigens – Kimberlé Crenshaw nutzte ihn vor gut 30 Jahren erstmals, um die Situation Schwarzer Frauen in der feministischen Bewegung zu beschreiben.
Intersektionalität ruft also dazu auf, Kämpfe zusammen zu denken. Wer sich gegen Sexismus einsetzt, sollte auch antirassistisch sein. Wer die Rechte von queeren Menschen auf dem Schirm hat, sollte die Diskriminierung behinderter Menschen nicht ignorieren oder sogar fördern.
Im Umkehrschluss fordert Intersektionalität auch zur kritischen Selbstbetrachtung auf: Eine Person kann zum Beispiel aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden, aber durch ihre Herkunft und den familiären Hintergrund trotzdem gewisse Privilegien haben. Sie kann gleichzeitig mit Vorurteilen anderer zu kämpfen haben und selbst Vorurteile gegenüber Menschen mit weniger Geld oder einer anderen Hautfarbe verinnerlicht haben.
Ich halte es für sehr wichtig, sich diese verschiedenen Ebenen bewusst zu machen, um sensibler für die Forderungen anderer Minderheiten zu werden und mit ihnen Bündnisse zu formen. Alle Formen der Diskriminierung folgen einem ähnlichen Muster, das nur ganzheitlich bekämpft werden kann – von so vielen Betroffenen und Mitstreiter*innen wie möglich. Wenn Minderheiten ihre gesellschaftlichen Kämpfe gemeinsam denken, werden sie zu einer starken Bewegung.